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Rechtliche Rahmenbedingungen von PV Freiflächenanlagen

Eva Siewertsen
Eva Siewertsen
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veröffentlicht am 
November 17, 2023
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Das Wichtigste in Kürze

Die Energiewende in Deutschland steht vor der Herausforderung, bis 2030 80% des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken. Eine zentrale Rolle spielen dabei Photovoltaik-Freiflächenanlagen, die auf landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden. Doch neben den technologischen und ökonomischen Aspekten sind es vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Unser aktueller Blogartikel gibt einen umfassenden Überblick über die relevanten Gesetze, darunter das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Baurecht (BauGB) und das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).

Traktor zwischen PV Modulen

Stand 25.10.2023

Die Bedeutung von PV für die Energiewende

Gemäß der Ziele der Bundesregierung soll bis zum Jahr 2030 80% des Strombedarfs durch erneuerbare Energien bereitgestellt werden. Für den Bereich der Photovoltaik wurde ein Ausbauziel von 215 Gigawatt (GW) bis zum Jahr 2030 festgelegt. Aktuell sind rund 75 GW kumulierte Leistung durch Photovoltaikanlagen installiert.

Zunächst sollen bereits versiegelte Flächen für den Ausbau der Solarenergie genutzt werden, also Flächen, auf denen kein Niederschlag mehr in den Boden eindringen kann, vorrangig menschliche Bauten. Allerdings reichen diese nicht aus, um die ambitionierten Ziele der Bundesregierung zu erreichen. Um eine nachhaltige und effiziente Nutzung von Solarenergie sicherzustellen, werden auf landwirtschaftlichen Flächen Photovoltaik-Freiflächenanlagen erbaut. Mit Hilfe von PV Freiflächenanlagen können große Mengen grünen Stroms erzeugt werden, was einerseits die steigende Nachfrage an Elektrizität (unter anderem durch Sektorenkopplung) decken kann, andererseits den CO2-Fußabdruck deutlich reduziert.

Übersicht über rechtliche Rahmenbedingungen

Neben technologischen und ökonomischen Aspekten spielen die rechtlichen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle, um eine PV Freiflächenanlagen erfolgreich zu realisieren.

Im Folgenden werden daher die wesentlichen rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit PV-Freiflächenanlagen näher beleuchtet.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen von PV Freiflächenanlagen bestehen 3 Kernbereichen:  

  • Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)  
  • Baurecht (BauGB)
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Das EEG 2023 regelt die Einspeisung des Stroms aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz sowie die Vergütung dafür. Demnach haben PV Freiflächenanlagen, wie alle Erneuerbare-Energien-Anlagen, Anspruch auf vorrangigen Netzanschluss gegenüber dem Netzbetreiber (vgl. § 8 Abs. 1 EEG) und vorrangige Abnahme des produzierten Stroms (vgl. § 11 Abs. 1 EEG). Die Kosten für den Netzanschluss der Anlage und die notwendigen Messeinrichtungen trägt der Anlagenbetreiber (vgl. § 16 Abs. 1 EEG). Dafür übernimmt der Netzbetreiber die Kosten des Netzausbaus (vgl. § 17 EEG).

PV-FFA sind bis zu 500 Meter entlang von Schienenwegen und Autobahnen, sowie auf landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten förderfähig (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 2 c) EEG).

Vermarktung des Stroms

Die Vermarktung des Stroms erfolgt je nach installierter Leistung:

PV - Anlagen bis zu 100 kWp installierter Leistung erhalten für das Einspeisen des Überschussstroms in das öffentliche Netz eine staatlich festgelegte Einspeisevergütung über 20 Jahre.

Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung von 100 kWp – 1 MWp sind dazu verpflichtet, den Strom direkt zu vermarkten. Ab einer installierten Leistung von 1 MWp besteht die Pflicht an der Teilnahme einer Ausschreibung.

Seit Juli 2022 gelten erneuerbare Energien gesetzlich als im überragenden öffentlichen Interesse liegend und der öffentlichen Sicherheit dienend, was zur Folge hat, dass die Belange des Ausbaus der erneuerbaren Energien in den Vordergrund treten und dadurch Genehmigungsprozesse beschleunigt werden können.

Baurecht (BauGB)

Photovoltaik Freiflächenanlagen zählen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Musterbauordnung zu den baulichen Anlagen. Diese benötigen in der Regel eine Baugenehmigung.

Abhängig von dem Standort des Bauvorhabens variieren die bauplanungsrechtlichen Vorgaben.

  • Geltungsbereich eines Bebauungsplans
  • Innenbereich ohne Bebauungsplan (§ 34 BauGB)
  • Ungeplanter Außenbereich (ohne Bebauungsplan) (§ 35 BauGB)
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Abbildung 1: Genehmigungsprozess PV-FFA, (Eigene Darstellung Bachelorarbeit Eva Siewertsen, in Anlehnung an Scharf et al., 2021)

PV-FFA werden überwiegend im Außenbereich errichtet. Der Außenbereich definiert alle Flächen, die sich nicht nach § 30 Abs. 1 und 2 BauGB im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befinden und nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB zu Flächen im Zusammenhang bebauter Ortsteile einer Gemeinde gehören. Dieser soll grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden, was jedoch nicht ausschließt, dass PV Freiflächenanlagen dennoch errichtet werden können. Es wird hier zwischen privilegierten Vorhaben und sonstigen Vorhaben differenziert:

Privilegierte Vorhaben im Außenbereich

Um eine Genehmigung für ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich zu erlangen, müssen nur zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Kein Entgegenstehen öffentlich-rechtlicher Belange
  • Sicherung der Erschließung

PV Freiflächenanlagen im Außenbereich sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB auf Flächen längs von Autobahnen und mindestens zweigleisig ausgebauten Schienenwegen des übergeordneten Netzes in einer Entfernung von bis zu 200 Metern privilegiert.

Sonstige Vorhaben im Außenbereich

Um eine Genehmigung für sonstige Vorhaben im Außenbereich zu erlangen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Keine Beeinträchtigung öffentlich-rechtlicher Belange
  • Sicherung der Erschließung

Öffentliche Belange, die in § 35 Abs. 3 des BauGB aufgelistet sind, sind in der Regel durch Sonstige Bauvorhaben beeinträchtigt.

Vorhaben, die nicht privilegiert sind, benötigen eine Bauleitplanung. Diese erfolgt durch die jeweilige Gemeinde in Form einer Änderung des Flächennutzungsplans und des Aufstellens eines Bebauungsplans. Der Flächennutzungsplan setzt die beabsichtigte Bodennutzung fest und gilt als Grundlage für den Bebauungsplan. So kann das Gebiet als „Sondergebiet Photovoltaik“ ausgewiesen werden.

In der Bauleitplanung wird zudem über Vermeidung des Eingriffs in den Naturhaushalt, den Ausgleich oder Ersatz entschieden. Da die Errichtung einer PV Freiflächenanlagen gemäß des Bundnaturschutzgesetzes (BNatSchG) einen Eingriff in den Naturhaushalt darstellt, ist es erforderlich, Ausgleichsmaßnahmen einzuleiten. Diese Maßnahmen stützen sich auf die Rechtsgrundlage des §§ 14 bis 16 des BNAtSchG.

Durch eine Umweltprüfung, die Teil der Bauleitplanung ist, werden alle Belange des Umwelt- und Naturschutzes geprüft und anschließend in einem Umweltbericht zusammengefasst.

Der Bau der PV Freiflächenanlagen wird genehmigt, wenn das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht und die Erschließung gesichert ist. Diese gilt als gesichert, wenn zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung davon ausgegangen wird, dass die erforderlichen Erschließungsanlagen zeitgleich mit der Fertigstellung der PV Freiflächenanlagen funktionsfähig installiert sind.

Erbschaftssteuerrecht

Wichtig zu wissen ist, dass landwirtschaftliche Flächen, die bisher in der Grundsteuerklasse A lagen, durch den Bau einer PV Freiflächenanlagen in die Grundsteuerklasse B fallen. Damit bestehen die steuerlichen Begünstigungen der Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht mehr.

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